Das Instrument „Betriebsmittelrücklagen“: So nutzen es Vereine in Krisenzeiten richtig
Insbesondere die gestiegenen Energiekosten stellen Vereine bei der Finanzierung ihrer laufenden Tätigkeiten vor erhebliche Probleme. Betriebsmittelrücklagen sind hier ein Mittel – trotz des Gebots der zeitnahen Mittelverwendung – Reserven für die Zukunft aufzubauen.
Das macht Betriebsmittelrücklagen so attraktiv
Um kurzfristige Liquiditätsengpässe überbrücken zu können, bedarf es nicht zwingend einer expliziten Rücklagenbildung. Weil für die Mittelverwendung als Verwendungshorizont das übernächste auf den Mittelzufluss folgende Jahr gilt, können die Mittel aus Betriebsmittelrücklagen bis dahin beliebig eingesetzt werden – auch außerhalb des steuerbegünstigten Bereichs.
Wichtig
Die so verwendeten Mittel dürfen aber nicht durch Verluste verloren gehen. Für die Corona-Jahre hat die Finanzverwaltung die Verlustdeckung aus Mitteln des steuerbegünstigten Bereichs als unschädlich erklärt. Diese Sonderregelung wurde aber nicht verlängert. Eine spezielle Vorgabe für die aktuelle Energiekrise steht noch aus.
Die rechtlichen Grundlagen von Betriebsmittelrücklagen
Betriebsmittelrücklagen sind nicht gesetzlich geregelt, sondern beruhen nur auf entsprechenden Vorgaben der Finanzverwaltung. Danach ist die Bildung von Rücklagen für periodisch wiederkehrende Ausgaben (z. B. Löhne, Gehälter, Mieten) in Höhe des Mittelbedarfs für eine angemessene Zeitperiode zulässig, um die Liquidität sicherzustellen (AEAO, Ziffer 4 zu § 62 Abs. 1 Nr. 1 AO). Die aktuelle Entwicklung der Energiepreise ist hier ein Musterfall.
Erforderlich sind solche Rücklagen für laufende Ausgaben aber nur, wenn die Einnahmen und Ausgaben der gemeinnützigen Einrichtung Schwankungen unterliegen und damit die Deckung der laufenden Ausgaben nicht gesichert ist. Das lässt sich durch eine grobe Liquiditätsplanung leicht nachweisen. Wahrscheinlich wird das Finanzamt bei Verweis auf die steigenden Energiekosten keine dezidierten Aufstellungen erwarten.
Einheitliche Vorgaben für die Dauer einer solchen Betriebsmittelrücklage gibt es nicht. Die OFD Frankfurt hält eine Zeitspanne von höchstens einem Geschäftsjahr für zulässig (OFD Frankfurt, Schreiben vom 13.02.2014, Az. S 0181 A – 2 – St 53). Dem ist insoweit zu folgen, als bei einer längerfristig unsicheren Finanzierung der laufenden Kosten aus kaufmännischer Sicht entsprechende Maßnahmen ergriffen werden müssen, wie z. B. die Kündigung von Arbeits- oder Mietverträgen.
Praxistipp
Nicht selten wird es vorkommen, dass die Finanzierung einer Einrichtung auf Dauer ungesichert ist. Die Organisation kann dann auf praktisch unbegrenzte Zeit eine Betriebsmittelrücklage führen. Die Finanzämter akzeptieren es in diesem Fall, dass die Rücklage zum Jahresende aufgelöst und zu Beginn des neuen Jahres wieder gebildet wird.
Betriebsmittelrücklagen im steuerbegünstigten Bereich
Betriebsmittelrücklagen im ideellen Bereich und Zweckbetrieb fallen unter die zweckgebundenen Rücklagen. Dafür dürfen alle verfügbaren Mittel verwendet werden. Soweit die Rücklagen für Betriebskosten gebildet werden, die für Anlagen und Gebäude im steuerbegünstigten Bereich anfallen, gibt es also keine Beschränkungen bei der Mittelherkunft. Die Höhe der Rücklage richtet sich allein nach den zu erwartenden Mehrbelastungen bzw. einem absehbaren Rückgang der Einnahmen.
Unklar ist, ob die Betriebsmittelrücklagen in der Steuererklärung ausgewiesen werden müssen. Weil sie meist über eine viel kürzere Frist als die Veranlagungszeiträume gebildet werden, wird das eher nicht der Fall sein. Der Verein sollte dann aber im Tätigkeitbericht auf die Rücklagenbildung hinweisen und sie in einen entsprechenden Rücklagenspiegel aufnehmen.
Rücklagen im wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb
Auch die Mittel der steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebe unterliegen der zeitnahen Mittelverwendung. Überschüsse können also nicht ohne weiteres zur künftigen Verwendung thesauriert werden. Für Finanzierungsvorhaben in Vermögensverwaltung und steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben ist grundsätzlich die Bildung freier Rücklagen und Vermögenszuführungen möglich. Oft werden die aber nicht ausreichen, um den Bestand dieser Einnahmequellen zu sichern und im nötigen Umfang weiterzuentwickeln.
Die Finanzverwaltung räumt deswegen die Möglichkeit ein, hier zusätzliche Betriebsmittelrücklagen zu bilden, wenn das wirtschaftlich begründet ist. Andernfalls würde man die Körperschaft vor die Alternative stellen, entweder ihre Wettbewerbsfähigkeit und damit die langfristige Existenz ihres wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs durch weitgehende Entnahme der Gewinne zu gefährden oder wegen der betriebswirtschaftlich notwendigen Bildung von freien Rücklagen auf die Vergünstigung für gemeinnützige Körperschaften zu verzichten. Steigende Energiekosten und eventuelle Absatzeinbrüche sollten eine ausreichende Begründung für die Bildung von Betriebsmittelrücklagen sein.
Der BFH hat die Bildung von Rücklagen aus Überschüssen des steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs ausdrücklich zugelassen: Zeitnah verwendet werden müssen „nur solche Mittel des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs (…), die bei vernünftiger kaufmännischer Beurteilung nicht zur Sicherung des wirtschaftlichen Erfolgs des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs benötigt werden“. Es verstößt nicht gegen das Selbstlosigkeitsgebot, wenn wachsendes Eigenkapital benötigt wird und das betriebswirtschaftlich notwendige Eigenkapital für den Betrieb nur durch eine Thesaurierung der Gewinne aufbringen kann (BFH, Urteil vom 15.07.1998, Az. I R 156/94).
Diese Auffassung hat die Finanzverwaltung übernommen. Danach muss für die Bildung einer Rücklage im wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb ein konkreter Anlass gegeben sein, der auch aus objektiver unternehmerischer Sicht die Bildung der Rücklage rechtfertigt.
Selbst eine fast vollständige Zuführung des Gewinns zu einer Rücklage, ist zulässig, wenn der Verein nachweist, dass die Rücklage zur Existenzsicherung nötig ist. Voraussetzung ist jedoch, dass die Mittel für diese Rücklage aus dem steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb stammen (AEAO, Ziffer 1 zu § 62). Als konkrete Anlässe die auch aus unternehmerischer Sicht die Bildung der Rücklage rechtfertigen, nennt die Finanzverwaltung insbesondere eine geplante Betriebsverlegung, eine Werkserneuerung oder Kapazitätsausweitung (AEAO, Ziffer 1 zu § 62).
Die Betriebsmittelrücklagen dürfen nur aus Gewinnen des steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs gebildet werden. In der Steuererklärung müssen Rücklagen im steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb nicht ausgewiesen werden. Auch hier sollte aber eine entsprechende Beschlussfassung des Vorstands protokolliert und zu den Unterlagen genommen werden. Außerdem sollte die Rücklage im Rücklagespiegel dargestellt werden.
Rücklagen im Rahmen der Vermögensverwaltung
Auch im Bereich der Vermögensverwaltung sind besondere Rücklagen möglich (AEAO, Ziffer 1 zu § 62). Sie beschränken sich nach Auffassung der Finanzverwaltung auf konkrete Reparatur- oder Erhaltungsmaßnahmen an Immobilien. Die Maßnahmen müssen notwendig sein, um den ordnungsgemäßen Zustand des Vermögensgegenstands zu erhalten oder wiederherzustellen, und in einem angemessenen Zeitraum durchgeführt werden (OFD Frankfurt, Schreiben vom 13.02.2014, Az. S 0181 A – 2 – St 53).
Der Vermögensverwaltung zugeordnet sind Immobilien, die vermietet oder verpachtet werden. In der Regel werden steigende Energiekosten auf die Mieter umgelegt. Insofern ist eine Bildung von Betriebsmittelrücklagen nicht erforderlich. Möglich wäre aber eine Bildung von Rücklagen für die energetische Sanierung.
Fazit
Das Gemeinnützigkeitsrecht liefert gemeinnützigen Vereinen die Werkzeuge, sich auch auf schwierige Jahre finanziell vorzubereiten. Die erforderlichen Mittel müssen dann freilich bereitstehen oder erwirtschaftet werden.
Ihr Team Steuerberatung Sachse
Quelle: IWW VBM Vereinsbrief 01-2023
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