Neues vom BFH: Gewinnerzielungsverbot für Zweckbetriebe?
Ein allgemeines Gewinnerzielungsverbot gibt es für gemeinnützige Körperschaften nicht. Es besteht lediglich ein „Gewinnverwendungsgebot“, d. h. erzielte Gewinne müssen nach den allgemeinen Maßgaben zeitnah und zweckgebunden verwendet werden, Eine Ausnahme gilt für Einrichtungen der Wohlfahrtspflege als Zweckbetrieb. Hier gilt nach bisherigerer Auffassung ein gesetzliches Gewinnerzielungsverbot. Das hat der BFH aber in einer aktuellen Entscheidung relativiert.
Wohlfahrtspflege als Zweckbetrieb
Für Einrichtungen der Wohlfahrtspflege als Zweckbetrieb gilt ein gesetzliches Gewinnerzielungsverbot. § 66 AO definiert Wohlfahrtspflege als „die planmäßige, zum Wohle der Allgemeinheit und nicht des Erwerbs wegen ausgeübter Sorge für notleidende oder gefährdete Mitmenschen“. „Nicht des Erwerbs wegen“ wird dabei als Verbot der Gewinnerzielung ausgelegt.
So sieht es die Finanzverwaltung
Nach Auffassung der Finanzverwaltung ist aber nicht jede Gewinnerzielung schädlich. Sie kann in gewissem Umfang – z. B. zum Inflationsausgleich oder zur Finanzierung von betrieblichen Erhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen – geboten sein, ohne in Konflikt mit dem Zweck der steuerlichen Begünstigung zu stehen (AEAO zur AO Ziff. 2 zu § 66).
Ein Zweckbetrieb liegt dagegen regelmäßig nicht mehr vor, wenn der Betrieb in drei aufeinanderfolgenden Veranlagungszeiträumen jeweils Gewinne erwirtschaftet, die den konkreten Finanzierungsbedarf der wohlfahrtspflegerischen Gesamtsphäre übersteigen (BMF, Schreiben vom 06.12.2017, Az. IV C 4 – S 0185/14/10002:001). Nicht schädlich ist es, wenn die Gewinne unbeabsichtigt entstehen.
BFH relativiert Gewinnerzielungsverbot
Selbst diese Dreijahresregelung ist nach Auffassung des BFH als Vereinfachungsregelung aber zu pauschal. Dass ein Betrieb der Wohlfahrtspflege im Wesentlichen um des Erwerbs Willen anstatt zum Wohle der Allgemeinheit tätig wird, so der BFH, folgt noch nicht daraus, dass in drei aufeinanderfolgenden Jahren Gewinne erzielt wurden. Das ist erst dann der Fall, wenn die Erfüllung der steuerbegünstigten Satzungszwecke gegenüber der Absicht zur Erzielung von finanziellen Überschüssen in den Hintergrund tritt (BFH, Urteil vom 18.08.2022, Az. V R 49/19).
Wann das konkret der Fall ist, lässt der BFH offen. Man darf seinen Einwand gegen die Pauschalregelung wohl so auslegen, dass die Einrichtung erhebliche Gewinne erzielen muss, und das nicht nur über wenige Jahre.
Verbot gilt nicht für alle Zweckbetriebe
Der BFH stellt ausdrücklich klar, dass das spezielle Gewinnerzielungsverbot für Wohlfahrtspflegebetriebe nicht auf andere Zweckbetriebe übertragen werden kann (BFH, Urteil vom 18.08.2022, Az. V R 49/19).
Ein – sehr weit auszulegendes – Gewinnerzielungsverbot kann sich nach seiner Auffassung allerdings aus der Regelung des § 65 Nr. 1 AO ergeben. Er verlangt, dass ein Zweckbetrieb in seiner Gesamtrichtung dazu dienen muss, die steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke der Körperschaft zu verwirklichen. Nach dieser Generalklausel kann ein Gewinnstreben schädlich für die Zweckbetriebseigenschaft sein.
Das ist für den BFH erst dann der Fall, wenn die Erfüllung der steuerbegünstigten Satzungszwecke gegenüber der Absicht in den Hintergrund tritt, finanzielle Überschüsse zu erzielen. Es gilt aber nicht schon dann, wenn eine gemeinnützige Körperschaft in drei aufeinanderfolgenden Veranlagungszeiträumen erhebliche Gewinne erzielt.
Besondere Zweckbetriebe
Sonderfälle, bei denen das Gewinnerzielungsverbot enger gefasst werden muss, stellen allerdings Zweckbetriebe dar, bei denen die wirtschaftliche Betätigung (und damit die Gewinnerzielung) nur ein Nebenprodukt des Betriebs ist. Das betrifft einige wenige Fälle von Zweckbetrieben, die nicht wegen der spezifischen Leistungen betrieben werden, sondern bei denen der Wirtschaftsbetrieb anderen Zwecken dient.
Betroffen sind
- Inklusionsbetriebe nach § 68 Nr. 3c AO,
- Beschäftigungsgesellschaften,
- Schülerfirmen und
- Kooperationen nach § 57 Nr. 3a AO, d. h. in Servicegesellschaften ausgelagerte Leistungen für die Eigenversorgung
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Quelle: IWW VBM Vereinsbrief 03-2023
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