So wirkt sich die Erhöhung von Minijob-Grenze und Mindestlohn in der Vereinspraxis aus

Minijobber können künftig 520 Euro statt 450 Euro durchschnittlich pro Monat verdienen. Ab dem 01.10.2022 steigt zudem der Mindestlohn auf zwölf Euro pro Stunde. Die Minijob-Grenze orientiert sich damit an einer Wochenarbeitszeit von zehn Stunden zu Mindestlohnbedingungen. Wir machen Sie mit den Neuerungen für Vereine vertraut.

Überschreiten der Minijob-Grenze

Überschreitet der durchschnittliche Monatsverdienst die Minijob-Grenze, liegt kein Minijob mehr vor. Ausgenommen hiervon sind gelegentliche nicht vorhersehbare Überschreitungen. Diese Regelung ergibt sich bisher ausschließlich aus den Geringfügigkeits-Richtlinien. Künftig ist dieses Überschreiten gesetzlich geregelt. Gelegentlich ist dann ein unvorhersehbares Überschreiten bis zu zwei Kalendermonaten innerhalb eines Zeitjahres möglich. Darüber hinaus darf die Überschreitung maximal 520 Euro monatlich betragen, sodass auf Jahressicht ein maximaler Verdienst bis zur Höhe des 14-fachen der Minijob-Grenze möglich ist.

Ein Minijobber darf also grundsätzlich 6.240 Euro über zwölf Monate und in begründetem Ausnahmefall höchstens 7.280 Euro im Jahr verdienen.

Midijob-Grenze wird angehoben

Mit dem neuen Gesetz wird auch die Verdienstgrenze für eine Beschäftigung im Übergangsbereich erhöht. Bisher liegt ein sog. Midijob vor, wenn das durchschnittliche monatliche Arbeitsentgelt des Arbeitnehmers im Übergangsbereich 450,01 Euro bis 1.300 Euro beträgt. Künftig liegen die Grenzen bei 520,01 Euro und maximal 1.600 Euro pro Monat.

Im neuen Übergangsbereich werden Arbeitgeber stärker belastet als heute. Der Beitragsanteil des Arbeitgebers beläuft sich im unteren Bereich des Übergangsbereichs (ab 520,01 Euro) auf ca. 28 Prozent und wird gleitend bis 1.600 Euro auf den regulären Sozialversicherungsbeitrag abgeschmolzen. Midijobber profitieren dadurch, dass der Belastungssprung beim Übergang vom Mini- zum Midijob geglättet wird. Das soll Anreiz für Minijobber sein, ihre Arbeitszeit über die Minijob-Grenze hinaus auszuweiten.

Mindestlohn und Freibeträge

Ehrenamts- und Übungsleiterfreibetrag sind nach herrschender Auffassung nicht mindestlohnpflichtig. Das ergibt sich aus § 22 Abs. 3 Mindestlohngesetz. Befreit sind danach ehrenamtlich tätige Personen. Darunter fallen auch Vergütungen, die den Rahmen der steuerfreien Beträge nach § 3 Nr. 26 EStG und § 3 Nr. 26a EStG nicht übersteigen.

Häufig bei Vereinen ist die Kombination von Ehrenamts-bzw. Übungsleiterpauschale und Minijob. Es wird also für ein und dieselbe Tätigkeit eine Vergütung gezahlt, die über die Pauschalen hinausgeht und dieser Teil auf Minijob-Basis abgerechnet. Dieses Verfahren ist von den Sozialversicherungsträgern anerkannt, solange die Tätigkeit insgesamt nebenberuflich bleibt.

Damit ergeben sich folgende Verdienstgrenzen, bei denen in der Kombination von Freibetrag und Minijob die Pauschalierung noch möglich ist:
Ehrenamtsfreibetrag      590 Euro monatlich (70 Euro + 520 Euro)

Übungsleiterfreibetrag  770 Euro monatlich (250 Euro + 520 Euro)

Über die Freibeträge hinaus gezahlte Vergütungen sind aber mindestlohnpflichtig – und das wirkt sich auch auf die Freibeträge aus. Sozialversicherungsrechtlich wird nämlich regelmäßig von einem einheitlichen Arbeitsverhältnis ausgegangen. Die Mindest-Stundenvergütung betrifft damit auch den nach § 3 Nr. 26, 26a EStG steuerfreien Bereich. Das ist für gemeinnützige Einrichtungen vielfach ein Problem, weil die Vergütungen hier nicht marktüblich sind, sondern die Mitarbeiter stark ideell motiviert sind.

Praxistipp | Sie sollten in Ihrem Verein unbedingt ihre Minijob-Verträge prüfen und bei Bedarf die vereinbarten Arbeitszeiten anpassen.

Getrennte Tätigkeiten bei Minijob und Freibeträgen?

In bestimmten Fällen lässt sich die Überschreitung der Freibeträge – mit der Folge der Mindestlohnpflicht für die gesamte Vergütung – gestalten.

Grundsätzlich können beim selben Arbeitgeber nämlich auch zwei Arbeitsverhältnisse bestehen, die arbeits- und sozialversicherungsrechtlich unterschiedlich behandelt werden. Wegen des Mindestlohns ist eine solche Gestaltung für gemeinnützige Einrichtungen natürlich besonders attraktiv.

Hier ist aber Vorsicht geboten. Eine willkürliche Aufteilung wird bei einer Außenprüfung der Deutschen Rentenversicherung Bund nicht akzeptiert werden. Die Prüfer werden regelmäßig ein einheitliches Arbeitsverhältnis unterstellen. Diese Vermutung kann aber widerlegt werden.

Eine als Übungsleiter- oder Ehrenamtsfreibetrag begünstigte Nebentätigkeit neben einem Minijob beim gleichen Arbeitgeber ist durchaus möglich, es muss aber eine klare Abgrenzung geben. Um für eine Nebentätigkeit zu einer lohnsteuer- und sozialversicherungspflichtigen Haupttätigkeit den Übungsleiterfreibetrag gewähren zu können, sind vor allem folgende Voraussetzungen zu beachten:

  • Die Nebentätigkeit muss getrennt vertraglich geregelt, abgerechnet und vergütet werden. Es sollte auch keine Bindung der Verträge aneinander bestehen, etwa dadurch, dass die beiden Arbeitsverträge zum gleichen Datum beginnen oder – bei befristeten Verträgen – zum gleichen Zeitpunkt enden.
  • Die Nebentätigkeit muss sich klar von der Haupttätigkeit abgrenzen lassen. Das gilt für den Inhalt der Tätigkeit ebenso wie für das Anforderungsprofil.
  • Nach Möglichkeit sollten die Nebentätigkeiten nicht zum gleichen Leistungsangebot des Arbeitgebers gehören, sondern unabhängig davon angeboten und durchgeführt werden.
  • Auf keinen Fall darf im Hauptarbeitsvertrag eine Klausel enthalten sein, nach der der Arbeitgeber den Arbeitnehmer auch für andere, vergleichbare Tätigkeiten einsetzen kann.

Es muss sich also um unterschiedliche Tätigkeiten handeln, die voneinander nach Inhalt, Ort der Tätigkeit oder anderen Kriterien unterscheidbar sind. Ansonsten liegt ein einheitliches Arbeitsverhältnis vor, dessen Vergütung auch dann insgesamt mindestlohnpflichtig ist, wenn es teilweise auf Basis der Ehrenamts-oder Übungsleiterpauschale abgerechnet wird.

Beispiel
Ein Übungsleiter betreut im Verein abends eine Jugendmannschaft. Daneben reinigt er – mit entsprechendem Arbeitsvertrag auf Minijob-Basis – die Räumlichkeiten desselben Vereins.
Ergebnis: Die Tätigkeiten lassen sich trennen. Der Mindestlohn gilt damit nur für die vertraglich auf Minijobbasis vereinbarten Reinigungsarbeiten.

Anders sieht es aus, wenn eine einheitliche Tätigkeit nur unterschiedlich abgerechnet wird oder keine entsprechenden vertraglichen Regelungen bestehen.

Beispiel
Ein Übungsleiter erhält pauschal 650 Euro monatlich in einem Sportverein für seine Tätigkeiten, wozu neben der Anleitung und Betreuung von Sportlern auch die Materialpflege sowie Kontrolle der Trainingsstätten fällt.

Dieser Betrag setzt sich aus 200 Euro Übungsleiterpauschale und einem Minijob von 450 Euro zusammen. Einen Arbeitsvertrag, der zwischen den Tätigkeiten differenziert, gibt es nicht.
Ergebnis: Da sich Inhalt und Umfang der Beschäftigung als Minijobber nicht klar von der der über die Übungsleiterpauschale abgerechneten Teil der Tätigkeit abgrenzen lassen, fällt die gesamte Tätigkeit unter den Mindestlohn.

Die bisher übliche einheitliche Handhabung von Ehrenamt und Minijob ist zwar sozialversicherungsrechtlich zulässig, verstößt aber gegen das Mindestlohngesetz, wenn der Stundenlohn von künftig zwölf Euro nicht eingehalten wird.

Darüber hinausgehende ehrenamtliche Tätigkeiten können dann durch eine Aufwandsentschädigung bzw. die Übungsleiterpauschale abgegolten werden.

 

Ihr Team Steuerberatung Sachse

Quelle: IWW VBM Vereinsbrief 03-2022

 

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