Die neue Kleinunternehmerregelung: Das bedeutet sie für die Vereinspraxis
Angehobene Bemessungsgrenzen in § 19 UStG, Nettogrenzen statt Bruttogrenzen und keine Prognosegrenzen mehr – das sind die Auswirkungen der Anpassung der Kleinunternehmerregelung in § 19 UStG an das EU-Recht. Das müssen Sie zur Neuregelung wissen.
So sieht die neue Kleinunternehmerregelung aus
Die Kleinunternehmerregelung in § 19 UStG ist ab dem 01.01.2025 an das EU-Recht (die Mehrwertsteuersystem-Richtlinie) angepasst worden. Das führt im Einzelnen zu den folgenden Neuerungen:
- Die Umsätze sind künftig steuerfrei, wenn der Gesamtumsatz im vorangegangenen Kalenderjahr 25.000 Euro (bisher: 22.000 Euro) nicht überschritten hat und im laufenden Jahr 100.000 Euro (bisher: auf Grundlage einer Prognose 50.000 Euro) nicht überschreitet.
- Die Kleinunternehmerregelung ist künftig eine Steuerbefreiung. Bisher war sie eine Nichterhebung der Steuer. Das hat Folgen für die Angaben auf Rechnungen und die E-Rechnungspflicht.
- Die Obergrenze von 100.000 Euro ist keine Prognosegrenze mehr. Bei Überschreitung der Grenze wird der Verein umsatzsteuerpflichtig.
- Die Grenzen sind künftig Nettogrenzen, statt wie bisher Bruttogrenzen.
- Es entfällt die Regelung, nach der der tatsächliche Umsatz auf das Jahr hochgerechnet werden muss, wenn die unternehmerische Tätigkeit nicht das ganze Jahr ausgeübt wurde.
- Bisher konnten Unternehmen bis zur Unanfechtbarkeit der Steuerfestsetzung auf die Kleinunternehmerregelung verzichten. Die Neufassung sieht vor, dass der Verzicht nur bis Ende Februar des übernächsten Kalenderjahrs erklärt werden kann, das auf den Besteuerungszeitraum folgt.
- Die Kleinunternehmerregelung gilt künftig auch für Unternehmer, die nicht in Deutschland ansässig sind. Dafür müssen diese aber an einem besonderen Meldeverfahren teilnehmen.
Aufnahme unternehmerischer Tätigkeit im Laufe des Jahres
Begann die Unternehmenstätigkeit nicht zu Beginn, sondern im Laufe eines Kalenderjahrs, musste bisher der voraussichtliche Umsatz auf das ganze Kalenderjahr hochgerechnet werden. Diese Regelung entfällt ab 2025; sprich es kommt auf den tatsächlichen Jahresumsatz an.
Beispiel für das Jahr 2024
Der am 01.11.2024 gegründete Kulturverein K führt ab November 2024 Musikveranstaltungen durch und erzielt damit im November und Dezember Umsätze von 5.000 Euro. Die Umrechnung des Gesamtumsatzes auf einen Jahresumsatz ergibt 30.000 Euro (2.500 Euro x 12 Monate = 30.000 Euro)
Ergebnis: Der Verein ist schon in 2024 steuerpflichtig. Denn es steht bei Umrechnung des November- und Dezemberumsatzes in einen Jahresumsatz fest, dass er die Grenze von 22.000 Euro überschreiten würde. Nach der (bis 31.12.2024 geltenden) Regelung (R 19.3. Abs. 4 UStAE) durfte bei Neugründungen nicht auf den Vorjahresumsatz von null Euro abgestellt werden.
Abwandlung für das Jahr 2025
Der Fall gestaltet sich wie oben, ereignet sich aber im Jahr 2025.
Ergebnis:
Es kommt auf den tatsächlichen Umsatz des Jahres 2025 an; sprich auf den Umsatz im November und Dezember. Der Verein wird also nicht umsatzsteuerpflichtig, weil der tatsächliche Jahresumsatz unter 25.000 Euro blieb.
Wichtig
Bei Neuaufnahme der Tätigkeit darf für die Steuerbefreiung der Umsatz die 25.000 Euro im Gründungsjahr nicht übersteigen. Aber nur der Umsatz, der die 25.000 Euro übersteigt, unterliegt der Besteuerung. Wenn ein Verein also z. B. Umsätze in Höhe von 29.000 Euro erzielt, muss er auf die Umsätze von 4.000 Euro Umsatzsteuer erheben (29.000 Euro ./. 25.000 Euro = 4.000 Euro).
Wichtig
Der Gesamtumsatz wird stets nach vereinnahmten Entgelten berechnet. Es kommt also auf die im jeweiligen Jahr tatsächlich zugeflossenen Umsätze an, nicht auf die in Rechnung gestellten Beträge.
Aus der Prognosegrenze wird eine tatsächliche Grenze
Nach bisheriger Regelung war für die Kleinunternehmereigenschaft zu Beginn des Kalenderjahrs eine Prognose zur voraussichtlichen Höhe des Gesamtumsatzes erforderlich. Ergab diese für den Gesamtumsatz nicht mehr als 50.000 Euro, musste für das gesamte laufende Kalenderjahr keine Umsatzsteuer erhoben werden. Auch dann, wenn der tatsächliche Umsatz im Laufe des Jahres 50.000 Euro überstieg.
Diese offene Ausgestaltung ist unionsrechtlich nicht mehr zulässig. Der neue Grenzwert von 100.000 Euro ist ab 2025 eine tatsächliche Grenze. Wird die Grenze im Laufe des Jahres überschritten, werden die Umsätze steuerpflichtig. Umsatzsteuerpflichtig werden aber nur diejenigen Umsätze, mit denen die 100.000-Euro-Grenze überschritten wird. Die Entscheidung über die Umsatzsteuererhebung muss anders als bisher nicht schon zu Beginn des Jahres getroffen werden.
Beispiel
Der Kulturverein K hat mit Veranstaltungen und Getränkeverkauf im Jahr 2024 einen Umsatz von 21.000 Euro erzielt. Er schätzt, dass er im Jahr 2025 etwa den fünffachen Umsatz erzielen wird.
Ergebnis:
K muss im Jahr 2025 die Umsatzgrenze von 100.000 (netto) Euro im Blick haben. Sobald er diese Grenze erreicht hat, sind die weiteren Umsätze steuerpflichtig.
Diese Angaben müssen ab 2025 auf die Rechnungen
Auch Kleinunternehmer sind verpflichtet, bei Lieferungen und sonstigen Leistungen eine Rechnung auszustellen. Bisher musste die Rechnung eines Kleinunternehmers keinen Hinweis auf den Besteuerungsverzicht enthalten.
Mit der Neuregelung ändert sich das. Die Finanzverwaltung hat in der Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung (UStDV) vorgesehen, die Vorschriften für die Angaben auf Rechnungen zu ergänzen. Der dafür geplante neue § 34a UStDV wurde aber nicht in das endgültige Jahressteuergesetz 2024 aufgenommen.
PRAXISTIPP
Trotzdem sollten Vereine, die Rechnungen als Kleinunternehmer stellen, ab 01.01.2025 folgenden Hinweis in ihre Rechnungen aufnehmen: „Der Rechnungsbetrag ist nach § 19 UStG von der Umsatzsteuer befreit.“
Zur E-Rechnungspflicht für Kleinunternehmer
Mit der Neuregelung entfällt die E-Rechnungspflicht für Kleinunternehmer (vgl. FAQ des BMF zur E-Rechnung – www.iww.de/s12161). Damit sind nicht umsatzsteuerpflichtige Vereine von der Pflicht, E-Rechnungen auszustellen, befreit. Das gilt sowohl für nach § 19 UStG befreite Umsätze als auch für die Steuerbefreiungen nach § 4 Nr. 8 bis 29 UStG.
Gibt es Übergangsregelungen für Kleinunternehmer
Bisher nicht geklärt ist, ob es Übergangregelungen geben wird. Nach der Gesetzeslage ändern sich die Obergrenzen zum 01.01.2025. Ein Verein also, der im Jahr 2024 die Freigrenze von 22.000 Euro überschreitet, ist in 2025 umsatzsteuerpflichtig – auch wenn der Umsatz nicht über 25.000 Euro liegt. In diesem Fall wird er erst 2026 wieder als Kleinunternehmer besteuert.
PRAXISTIPP
Ab 2025 gilt eine Nettoregelung: Der Bruttoumsatz darf im Jahr 2025 also bei Umsätzen zum Regelsteuersatz (19 Prozent) bis zu 29.750 Euro betragen, um 2026 wieder umsatzsteuerbefreit zu sein. Bisher waren es nur 18.487,39 Euro.
Quelle: IWW VBM Vereinsbrief 01/2025
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